IABG-Zertifizierung für Erdbebensicherheit in höchster Gefahrenzone
Ein individuell konfigurierbares UC-HE-Schranksystem von BENNING
Die Notwendigkeit, Erdbebenrisiken zu berücksichtigen, ist nahezu überall gegeben. Aktuell leben über 2,7 Milliarden Menschen in einer erdbebengefährdeten Region. Betrachtet man die Erdbebenzonenkarte, so fällt auf, dass viele dicht besiedelte Großstädte wie z. B. Los Angeles, Shanghai, Tokio, Lima oder Istanbul in Zonen mit hohem Erdbebenrisiko liegen. Wir sprechen in diesem Fall von Gefahrenzonen der Kategorie 4, wenn man die Klassifizierung nach US-amerikanischer UBC-Norm zugrunde legt. Kommt es in einer dieser Regionen zu einem starken Erdbeben, so kann dies schwerwiegende Schäden an Gebäuden, der Infrastruktur oder an technischen Anlagen verursachen – mit Auswirkungen auf u. a. das Verkehrswesen, die Industrie, das Gesundheitssystem oder die Energieversorgung.
Seismischer Nachweis, Rütteltest und Zertifizierung durch IABG
Im Mittel ereignen sich starke Beben mit einer Magnitude von 6.0 und höher etwa dreimal pro Woche – ungefähr 100 Beben pro Jahr verursachen strukturellen Schaden, so aktuelle Statistiken des National Earthquake Information Center (NEIC). Diese Unberechenbarkeit macht es erforderlich, elektrische Geräte besonders zu schützen, indem z. B. USV-Systeme zur Überbrückung eventuell auftretender Stromausfälle und Netzstörungen eingesetzt werden.
Wie aber werden die USV- und Stromversorgungsanlagen selbst gegen den Einfluss eines Erdbebens geschützt?

Höchste Sicherheitsstandards
Es müssen höchste Sicherheitsstandards erfüllt werden, obgleich auch eine Einstufung in verschiedene Prioritätsstufen nötig ist. Der Ausfall des Telekommunikationssystems stellt beispielsweise ein wesentlich geringeres Risiko dar als ein Blackout des Pumpensystems, welches die Kühlkreise versorgt.
Um diesen unterschiedlichen hohen Anforderungen nachzukommen, hat BENNING ein individuell konfigurierbares Schranksystem entwickelt, das perfekt auf die unterschiedlichen Erdbebenkategorien und Sicherheitsanforderungen abgestimmt werden kann. Es stehen folgende Ausführungen zur Verfügung: UC (Standard), UC-LE (Light Earthquakeresistent), UC-ME (Middle Earthquakeresistent) sowie UC-HE (Heavy Earthquakeresistent).
Verglichen mit klassischen Konstruktionen, bei denen man versuchte, die notwendige Erdbebensicherheit eines Gehäuses durch hohe Steifigkeit zu erreichen, zeichnet die neuen UC-Schrankvarianten ein wesentlich modernerer Ansatz aus. Dieser Ansatz und die Verwendung von hochfestem Stahl gestatten es einer Konstruktion, genau definierte Bewegungen auszuführen, ohne dass das Schranksystem dadurch geschwächt wird. Eine Konstruktionsweise, die z. B. auch im Automobilsektor Einzug gefunden hat.
Spezielle Simulationsmöglichkeiten
Auch der Entwicklungsprozess eines Schranksystems hat sich verändert. Die in der Vergangenheit angewandte Methode bestand darin, gezeichnete Konstruktionen zunächst als Testobjekt zu produzieren und im Anschluss ausgiebig zu prüfen. Wurden die erwarteten Annahmen nicht bestätigt, wiederholten die Ingenieure diese Prozesskette (Konstruktion > Bauphase > Tests) so oft, bis das Ziel erreicht war.
Fester Bestandteil der modernen Konstruktionsprozesse im Unternehmen BENNING ist hingegen eine rechnergestützte Entwicklung mit speziellen Simulationsmöglichkeiten, die vor den eigentlichen Hardware-Tests durchgeführt werden. Dies gestaltet den Entwicklungsprozess deutlich kürzer und effizienter.
BENNING hat zudem ein Simulationswerkzeug entwickelt, mit dessen Hilfe bereits vor Konstruktionsbeginn die Schrankanforderungen bestimmt werden, um darauf basierend den passenden Schrank auszuwählen.

Finite-Elemente-Methode
Im Rahmen der rechnergestützten Simulationen erfolgt die Überprüfung der Belastungsgrenzen mithilfe strukturdynamischer Berechnungen auf Basis der Finite-Elemente-Methode (FEM). So ergibt sich eine normenkonforme Analyse und Berechnung der Verformungen oder Spannungen eines Schrankgestells bereits parallel zur Konstruktion. Zudem lassen sich dadurch physikalische Eigenschaften des Schranksystems visualisieren, und mögliche Schwachstellen für gezielte Optimierungsmaßnahmen höchstpräzise ausfindig machen.
Anforderungen übertroffen
Erst nach erfolgreichem Abschluss des Simulationsvorgangs erfolgen der Bau eines Testgehäuses und die Überprüfung der Berechnungen im firmeneigenen Umweltlabor. Hierbei kommen s. g. Rütteltische zum Einsatz, welche die durch ein Erdbeben hervorgerufenen Vibrationen und Schockbelastungen nachahmen.
Zusätzlich zu den eigenen Prüfergebnissen hat BENNING die aktuelle UC-HE-Schrankkonstruktion von einem anerkannten Prüfinstitut, der IABG (Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH), zertifizieren lassen. Mit dem Ergebnis, dass diese Konstruktion hinsichtlich ihrer Erdbebensicherheit alle normativen Anforderungen auch im Worst-Case-Fall übertrifft.

Maximale Wirtschaftlichkeit
Ein weiterer entscheidender Vorteil resultiert daraus, dass alle vier von BENNING entwickelten Schranksystem-Ausführungen das gleiche Design-Prinzip besitzen. Nehmen wir z. B. an, dass in der Erdbebenzone 2 ein Gleichrichtersystem in UC-ME-Ausführung für die Sicherung der Telekommunikationsanlage verwendet wird. Gleichzeitig ist das Gleichrichtersystem, welches die Pumpen des inneren Kühlkreislaufs versorgt, auf maximale Sicherheit ausgelegt und besitzt daher für diesen Bereich ein nach den höchsten Erdbebenkategorien zertifiziertes UC-HE-Gehäuse.
Auf diese Weise erhalten beide eingesetzten Stromversorgungssysteme zum einen den unter wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Ansprüchen optimalen Schutz. Zum anderen können die Service-Techniker eine einfache und schnelle Wartung durchführen, da der Grundaufbau der Schrankkonstruktion und die Anordnung der Leistungs- und Funktionselemente in beiden Systemen gleich sind. Nur der Systemmantel, also das Gehäuse unterscheidet sich. Aufgrund dieser technisch-funktionalen Analogie findet sich der Techniker bei seiner Service-Arbeit schneller zurecht. Dies bietet höchste Sicherheit bei maximaler Wirtschaftlichkeit.
Seismische Schaltgeräteterminologie
Die Dämpfungseigenschaft eines Schaltgerätes begrenzt die Gesamtverstärkung, die es bei Resonanz erfährt. Angenommen, zwei Schränke sind in Design, Montage und Gewicht identisch – ein Schrank weist jedoch eine geschweißte Struktur auf und der andere eine verschraubte Struktur. Während eines Erdbebens bewegen sich die strukturellen Elemente in dem geschraubten Gehäuse relativ zueinander, was Reibung und Lärm verursacht, so dass die seismische Energie viel schneller abgeführt wird als in dem geschweißten Gehäuse. Der verschraubte Schrank wird somit die Energie schneller dämpfen als der geschweißte Schrank, wodurch die Zeit für den Aufbau der seismischen Reaktion reduziert wird. Die Dämpfungseigenschaften eines Systems sind ein direkter Hinweis auf die Fähigkeit des Systems, Erdbebenenergie abzuleiten. Ohne Dämpfung erhöht sich die Resonanzverstärkung der Ausrüstung resonanzfrei. Je höher der Dämpfungsfaktor des Gerätes ist, desto geringer sind seine Reaktionskurven.
Weitere Informationen
Autor/Kontakt: Stefan Kleefeld
Telefon: +49 2871 93 358
E-mail: s.kleefeld@benning.de