Modulare USV-Anlagen in industriellen Anwendungen
Bereits seit vielen Jahren werden modulare Stromversorgungs- und Wandlertechnologien erfolgreich in unterschiedlichen Marktsegmenten eingesetzt. Zum Beispiel in der Medizin, Computertechnik oder Telekommunikation. Der modulare Aufbau ermöglicht hier eine flexible Anpassung an zukünftige technische Neuerungen, aber auch Veränderungen eines Unternehmens. Dadurch lassen sich u. a. erhebliche Einsparungen realisieren. In industriellen Anwendungen schreitet die Verbreitung der modularen Technologie hingegen nur sehr langsam voran. Eine Entwicklung, die sich zum Teil auf ein begrenztes Wissen über die Bedeutung und Funktion so genannter „ilities“ zurückführen lässt.
Die Begrifflichkeit „ilities“ findet vor allem im englischen Sprachraum häufige Verwendung. Sie beschreibt die an ein System gestellten Qualitätsmerkmale wie Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit, Flexibilität und Wartungsfreundlichkeit.
Zentrales Thema des letzten von fünf Artikeln unserer „ilities“-Serie soll die Wartungsfreundlichkeit sein. In diesem Zusammenhang werden wir untersuchen, wie die verschiedenen USV-Topologien die Wartungsmethodik, den Ausbildungsbedarf – sowohl der eigenen Mitarbeiter als auch der Service-Techniker vor Ort – und die Ersatzteillagerung beeinflussen. Außerdem betrachten wir, wie sich die Wartungsfreundlichkeit eines Systems auf die Systemverfügbarkeit sowie die Gesamtbetriebskosten auswirkt.
Verschiedene Wartungsebenen
Warum entscheiden sich Unternehmen für den Kauf einer USV-Anlage? Weil sie eine betriebskritische Applikation („kritische Last“) besitzen, die eine maximal sichere und saubere Stromversorgung erfordert – ganz ohne Flicker, Spitzen, Verzerrungen oder Ausfälle jeglicher Art. Aus diesem Grund muss sich die Anlage, unabhängig von der eingesetzten USV-Topologie, in einem erstklassigen Betriebszustand befinden. Alle USV-Systeme enthalten elektrische als auch mechanische Komponenten, die statistisch betrachtet keine hundertprozentige Zuverlässigkeit aufweisen und somit theoretisch zu jedem Zeitpunkt unerwartet ausfallen könnten. Daher ist es unerlässlich, dass routinemäßige präventive Wartungen durchgeführt werden.
Tatsächlich weisen einige Komponenten (z. B. Kondensatoren, Lüfter oder Batterien) eine begrenzte Nutzungsdauer auf und erfordern einen proaktiven Ersatz, um die maximale Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des USV-Systems sicherzustellen.
Im zweiten Artikel dieser Serie (siehe Power News 08/2017) wurde aufgezeigt, dass das primäre Ziel bei nahezu allen USV-Systemen die Maximierung der Systemverfügbarkeit ist. Hierfür müssen die Zuverlässigkeit (MTBF) maximiert und die durchschnittliche Reparaturzeit (MTTR) minimiert werden. Dies setzt voraus, dass jedes USV-System:
- fachgerecht gewartet wird, um die Wahrscheinlichkeit eines unerwarteten Ausfalls zu minimieren (Maximierung der MTBF)
- schnell repariert wird, insofern ein unerwarteter Fehler auftritt (Minimierung der MTTR)
Vor diesem Hintergrund kann die Wartungsfreundlichkeit eines USV-Systems darüber definiert werden, wie einfach es ist, eine Wartung so durchzuführen, dass der kritische Verbraucher nicht gefährdet wird. Ebenso ist es entscheidend, dass ein System in der Lage ist, im Falle eines Ausfalls den ordnungsgemäßen Betrieb kurzfristig wieder aufzunehmen. Üblicherweise gilt es zwischen drei Wartungsebenen zu differenzieren. Wie diese aussehen und sich voneinander unterscheiden, soll im Folgenden genauer erläutert werden.
Ebene 1: „Day-to-day“-Routineprüfungen
Hierbei handelt es sich typischerweise um visuelle Prüfungen, die z. B. zur Kontrolle und Dokumentation der aktuellen Betriebs- und Alarmzustände sowie des Kühlungs- und Lüfterbetriebs dienen. Da diese täglich, wöchentlich oder monatlich wiederkehren, sollten sie idealerweise vom Anlagenbetreiber vor Ort eigenständig durchgeführt werden können.
Bei einigen USV-Systemen sind die Alarmmeldungen mit dem Gebäudemanagement-system oder einem anderen Überwachungssystem, z. B. einer Leitwarte verbunden. Dadurch ist eine sofortige Alarm-Benachrichtigung sichergestellt. Darüber hinaus erhöht ein Fernüberwachungssystem die Effizienz und Wirtschaftlichkeit auf diesem Wartungsniveau.
Die Wartungsaufgaben der ersten Ebene sind, unabhängig von der eingesetzten USV-Topologie, identisch. Allerdings ist es für die Systembetreuer des Anlagenbetreibers unerlässlich, im Falle eines Systemproblems auf den technischen Support eines Experten zurückgreifen zu können.
Ebene 2: „Open-the-door“-Präventivmaßnahmen
In dieser Wartungsebene werden proaktive Maßnahmen ergriffen, die das Auftreten zukünftiger Probleme verhindern und somit die MTBF maximieren sollen. Unabhängig von der USV-Topologie erfolgt die Ausführung s. g. „Open-the-door“-Präventivmaßnahmen ausschließlich von Service-Kräften, die vom Systemhersteller entsprechend ausgebildet wurden. Sie müssen die aktuellen Wartungsverfahren anwenden und über die neuesten technischen Handbücher und die aktuelle Service-Software verfügen. Auch die Aktualisierung der System-Firmware sollte im Rahmen der vorbeugenden Wartung selbstverständlich sein. Einige Wartungsmaßnahmen dieser Serviceebene erfordern Systemmodifikationen oder einen Komponentenaustausch. In diesen Situationen bietet die modulare USV-Topologie erhebliche Vorteile, denn unabhängig von der Komplexität der Störung können alle notwendigen Maßnahmen durch einen Modultausch vor Ort schnell und erfolgreich realisiert werden. Eine Verwendung nicht modularer USV-Topologien könnte hingegen zur Folge haben, dass die USV mehrere Stunden offline ist, was mit hohen Risiken für die kritische Last verbunden wäre und nicht selten wirtschaftliche Verluste bedeutet.
Ebene 3: „Open-the-door“-Systemfehleruntersuchungen
Im Gegensatz zu modularen Systemen erfordern Monoblocksysteme den Einsatzerfahrener, vom Hersteller ausgebildeter Ingenieure, um Fehleranalysen und Reparaturmaßnahmen fachgerecht durchzuführen. Sie müssen nicht nur die neuesten technischen Handbücher, die aktuellste Service-Software und System-Firmware verwenden, sondern sind dazu gezwungen, über einen kompletten Bausatz der vom Hersteller gelieferten System-Ersatzteile zu verfügen.
Die zur Behebung der Störung benötigte Zeit setzt sich zusammen aus der:
- Reaktionszeit (von der Alarmierung bis zum Eintreffen vor Ort)
- Diagnosezeit (für die Feststellung des konkreten Problems)
- Zeit für die Reparatur
- Zeit für die Wiederinbetriebnahme des Systems
Die gesamte Zeitspanne kann von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen variieren und ist insbesondere von der Art des Fehlers und dem Know-how des eingesetzten Service-Technikers abhängig.
Modulare Systeme hingegen ermöglichen nicht nur eine wesentlich einfachere Fehleranalyse, sondern auch eine schnellere Reparatur. Fehler können schnell durch den Austausch des defekten Moduls behoben werden. Insbesondere „Hot Swap“-fähige Systeme bieten hier entscheidende Vorteile, da der Modulaustausch von geschulten Mitarbeitern vor Ort durchgeführt werden kann. Diese wiederrum können, falls erforderlich, telefonisch Kontakt zum technischen Support des Herstellers aufnehmen.
„Hot Swap“-Fähigkeit bedeutet, dass ein fehlerhaftes Modul sicher aus dem USV-System entfernt und ein neues Modul innerhalb von nur wenigen Minuten in das System eingebaut werden kann. Wenn das USV-System korrekt dimensioniert wurde und eine parallele n+1-Redundanz aufweist (siehe Power News 08/2017, Artikel zur Skalierbarkeit), lässt es sich auf diese Weise sehr schnell wieder in den Betriebszustand zurückversetzen – ohne, dass die kritische Last jemals direkt dem öffentlichen Netz ausgesetzt war.
Vor-Ort-Schulung von Mitarbeitern
Es ist in der Regel wünschenswert und in einigen Fällen unerlässlich, dass ein oder mehrere Mitarbeiter des Anlagenbetreibers vom Hersteller entsprechend geschult werden, um bestimmte Wartungsaufgaben an einem System eigenständig durchführen zu können.
Insbesondere, wenn die Anlage in weiter Entfernung vom Hersteller eingesetzt oder eine große Anzahl an Systemen betrieben wird, sollten sich geschulte Mitarbeiter permanent vor Ort befinden.
Die Vor-Ort-Schulung von Mitarbeitern hinsichtlich bestimmter USV- und Stromversorgungssysteme bringt jedoch auch einige Probleme mit sich:
- Produktschulungen von Herstellern sind teuer
- Die geschulten Mitarbeiter könnten das Unternehmen kurzfristig verlassen oder aufgrund eines Schichtsystems, einer Krankheit oder eines Urlaubs nicht vor Ort sein
- Arbeitet ein Mitarbeiter nicht regelmäßig an einem System, können die Schulungsinhalte in Vergessenheit geraten
- Die Systemdokumentation, der Modifikationsstatus und die Wartungsverfahren sind zum Zeitpunkt der Schulung auf dem aktuellsten Stand. Es könnte aber sein, dass die Mitarbeiter danach keine regelmäßigen Aktualisierungen mehr durchführen
- Standortverantwortliche Techniker sind in der Regel Generalisten. Von ihnen wird daher erwartet, dass sie sich nicht nur mit einem System technisch gut auskennen, sondern gleich mit mehreren Systemen
- USV-Systeme und Stromversorgungen erfordern ein sehr komplexes Fachwissen
Es bestehen signifikante Unterschiede hinsichtlich der notwendigen Ausbildung und Erfahrung, die erforderlich sind, um „Hot Swap“-fähige modulare Systeme oder Systeme anderer Topologie (z. B. Monoblocksysteme) fachgerecht zu reparieren.
Die „Hot Swap“-Fähigkeit ermöglicht eine schnelle Reparatur, indem ein geschulter Standortmitarbeiter – bei Bedarf unter telefonischer Anleitung – das fehlerhafte Modul austauscht. Ein System ohne modulare Topologie muss hingegen von einem hochqualifizierten und speziell geschulten Mitarbeiter repariert werden, der in der Lage ist, z. B. einzelne Leiterkarten oder Komponenten zu ersetzen.
Ersatzteillagerung und Modulaustausch
In der Regel beschaffen Anlagenbetreiber komplette Ersatzteilsets und lagern diese an ihren jeweiligen Standorten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Ersatzteile sofort verfügbar sind, falls es zu einem Systemausfall kommen sollte. Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht für alle Komponenten bzw. Systeme geeignet:
- Elektrolytische Kondensatoren mit einer begrenzten Haltbarkeit müssen nach einer längeren Lagerzeit (z. B. nach zwei Jahren) formiert werden. Andernfalls funktionieren sie möglicherweise nicht mehr oder verursachen bei Anlegung der Betriebsspannung weitere Systemschäden.
- Die gelagerten Leiterplatten (PCBs) oder die Firmware entsprechen eventuell nicht mehr dem aktuellsten Stand
- Es gibt keine Garantie, dass Ersatzteile, die mehrere Jahre gelagert wurden, noch einwandfrei funktionieren.
Im Gegensatz zur Lagerung von einzelnen Ersatzteilkomponenten sind Betreiber modularer Anlagen in der Lage, mit „Ersatzmodulen“ zu arbeiten. Diese können beispielsweise im System verwendet werden, um eine Redundanz herzustellen – oder sie werden eingelagert und im Rahmen der routinemäßigen Wartung rollierend in den Systemen getauscht und in Betrieb genommen. Dieser routinemäßige Modulaustausch stellt sicher, dass alle eingesetzten Module die gleiche Laufzeit aufweisen. Gleichzeitig garantiert er, dass Komponenten durch die lange Lagerzeit nicht beschädigt werden und alle Ersatzmodule einsatzbereit sind.
Ein möglicher Nachteil beim Einsatz von Ersatzmodulen zur Unterstützung der kritischen Last ist, dass die optimale Dimensionierung des Systems (siehe Power News 08/2017, Artikel zur Skalierbarkeit) beeinträchtigt werden könnte. Die Module arbeiten möglicherweise nicht in jenem Leistungsbereich, in dem sie ihren optimalen Wirkungsgrad erreichen. Dies wirkt sich wiederrum negativ auf die Gesamtbetriebskosten aus.
Um dieses Problem zu umgehen, verfügen einige modulare Systeme über eine integrierte Intelligenz (siehe Power News 10/2018, Artikel zur Flexibilität), welche kontinuierlich die für den Betrieb benötigte Modulanzahl ermittelt. Gleichzeitig versetzt sie alle übrigen, nicht erforderlichen Module in den Ruhezustand. Diese bleiben dennoch vollständig verfügbar, um die kritische Last bei Bedarf (z. B. im Falle einer Lastzunahme) zu versorgen. In der Zwischenzeit verbrauchen sie jedoch keine Energie. D. h. diese Systeme sind in der Lage, automatisch und intelligent die höchste Systemverfügbarkeit bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten zu realisieren.
Fazit:
Alle USV- und Stromversorgungssysteme müssen ordnungsgemäß gewartet werden, wenn die beiden Ziele höchste Verfügbarkeit und niedrigste Gesamtbetriebskosten erreicht werden sollen. Es wäre risikoreich und auf Dauer unwirtschaftlich, „Geld sparen“ zu wollen, indem auf die fachgerechte Wartung der Systeme verzichtet wird.
Wartungsarbeiten der ersten Kategorie sollten, unabhängig von der eingesetzten USV-Topologie, durch Mitarbeiter des Anlagenbetreibers durchgeführt werden. Um frühzeitig potenzielle Probleme zu identifizieren ist ein Zugriff auf die Fernüberwachungsfunktionen des Systems empfehlenswert.
Routinemäßige Präventivmaßnahmen der zweiten Wartungsebene maximieren die Systemzuverlässigkeit (MTBF). Sie müssen unabhängig von der eingesetzten Topologie durch speziell vom Hersteller geschulte Mitarbeiter ausgeführt werden – und das unter Anwendung der neuesten Wartungsverfahren, technischen Handbücher und Service-Software.
Handelt es sich bei den eingesetzten USV-Anlagen um „Hot Swap“-fähige modulare Anlagen und es sind Ersatzmodule vor Ort verfügbar, können Notfall-, Wartungs- und Reparaturarbeiten problemlos von geschultem Personal ausgeführt werden. Diese sollten jedoch jederzeit Zugriff auf den telefonischen Support des Herstellers haben. So lassen sich die Reparaturzeiten (MTTR) minimieren, während gleichzeitig die Systemverfügbarkeit maximiert wird.
Kommt hingegen ein System ohne modulare Topologie zum Einsatz, müssen Wartungs- und Reparaturarbeiten der dritten Wartungsebene von hochqualifizierten und speziell geschulten Mitarbeitern durchgeführt werden.
Abschließend lässt sich festhalten, dass durch die Verwendung „Hot Swap“-fähiger modularer Systeme sowohl das operative Training vor Ort als auch die Bevorratung von Ersatzteilen erheblich vereinfacht werden.
Weitere Informationen
Kontakt: Alexander Prömel
Tel.: +49 2871 93-238
E-Mail: a.proemel@benning.de