Motorinstandsetzung für Unternehmen der Petrochemie-Branche
Zwei bis vier Prozent der ursprünglichen Anschaffungskosten investieren deutsche Unternehmen jährlich in die Instandhaltung ihrer Produktionsanlagen. Eine Investition, die sich auszahlt – denn fällt eine industrielle Anlage einmal aus, drohen gravierende Konsequenzen. Bereits kurze Ausfallzeiten können die betroffenen Unternehmen nicht nur Zeit und Geld kosten, sondern auch dem Firmenruf schaden oder verunsicherte und unzufriedene Kunden zur Folge haben. Ein Worst-Case- Szenario dieser Art ereignete sich Anfang 2016 bei einem Petrochemie-Unternehmen aus dem Ruhrgebiet. Die defekte Wicklung eines älteren Motors sorgte für den vollständigen Stillstand eines Hochdruck- Kolbenkompressors und somit der gesamten Produktionsanlage.
Um die finanziellen Einbußen so gering wie möglich zu halten, entschied man sich gegen einen Neubau. Dieser hätte voraussichtlich eine Lieferzeit von knapp einem Jahr in Anspruch genommen, da es sich bei der Motorausführung um ein Unikat handelt. Stattdessen hoffte man darauf, zeitnah ein Unternehmen zu finden, das sich um eine Instandsetzung kümmern würde. Die Suche nach einem passenden Kooperationspartner gestaltete sich jedoch alles andere als einfach, da das Alter und die spezifischen Eigenschaften des Motors ein spezielles Fachwissen erforderten.
Kleine Drehzahl, hohes Drehmoment
Der sehr robuste, ca. 12 Tonnen schwere Motor mit den Maßen 3500 mm x 3000 mm x 2200 mm (Länge x Breite x Höhe) wurde 1972 vom Hersteller AEG speziell für die Anwendung im Petrochemie-Bereich angefertigt.
Eine für heutige Motoren eher untypische Eigenschaft ist seine Kombination aus relativ kleiner Drehzahl und sehr hohem Drehmoment. Sie macht ihn zu einem Modell, das in exakt dieser oder ähnlicher Form schon länger nicht mehr hergestellt wird.
Hinzu kommt, dass der Motor in explosionsgeschützter Ausführung gefertigt wurde, weswegen für seine Wicklung besondere Grenzwerte gelten, die beim Hersteller durch eine Behörde zertifiziert wurden. Merkmale, die einerseits verdeutlichen, dass er für alle Anforderungen mit maximaler Sicherheit und höchster Effizienz bestens prädestiniert ist. Gleichzeitig zeigen sie auf, dass eine erfolgreiche Inbetriebnahme eines solchen Motors nur von sehr wenigen Unternehmen garantiert werden kann.
Die Hersteller-Firma AEG kam nicht mehr in Frage, da sie ihre Fertigung bereits im Jahr 1996 eingestellt hat. Also folgte man der Empfehlung eines im gleichen Chemiepark ansässigen Unternehmens, das von seiner über zehnjährigen erfolgreichen Kooperation mit BENNING berichtete.
Zeitfaktor entscheidend
Schon bei der ersten Kontaktaufnahme wurde deutlich, dass der Zeitfaktor bei diesem Projekt von entscheidender Bedeutung sein würde. Nach mehreren Verhandlungen, in denen BENNING für eine sehr schnelle Inbetriebnahme des Motors Sonderprämien versprochen wurden, einigte man sich auf einen Zeitraum von drei Monaten bis zum Auslieferungstermin. Eine Zeitspanne, die für ein Projekt dieser Art zwar sehr knapp bemessen ist, aber dank des Einsatzes zahlreicher BENNING-Mitarbeiter aus dem Bereich elektrische Maschinen genau eingehalten werden konnte.
Um den Motor unbeschädigt vom Firmengelände zum BENNING-Werk zu transportieren, musste der hierfür eingesetzte LKW eine spezielle Vorrichtung zur Ladungssicherung aufweisen. Am Betriebsgelände in Bocholt angekommen, folgte die vorsichtige Entfernung der Schaltschutzverkleidung, Rohrleitungen und Stahlträger, um keinerlei Beschädigungen zu verursachen.
Über 1000 Arbeitsstunden
Der Arbeitsaufwand im Rahmen der eigentlichen Instandsetzungsarbeiten gestaltete sich um einiges höher als bei der Instandsetzung von Standardmotoren.
Alle anfallenden Arbeiten wurden an sechs Wochenenden nicht unterbrochen und erstreckten sich auf eine Gesamtstundenzahl von weit über 1000. In dieser Zeit wurde durchgängig zweischichtig und teilweise dreischichtig in den Bereichen Spulenfertigung, Wickelei und Montage gearbeitet. Jeden Tag stand man vor der Aufgabe, alte Lösungen und Elemente des Motors mithilfe moderner Materialien bestmöglich nachzubilden, ohne an Qualität einzubüßen. Z. B. musste der Kupferflachdraht extra bei einem Kupferhersteller angefertigt werden, da er so heute nicht mehr erhältlich ist.
Erschwert wurden die Instandsetzungsarbeiten zudem durch die fehlende Motordokumentation. Diese wird in der Regel während des Motorbaus erstellt und dient dazu, relevante Informationen zur Funktion und Leistung ausführlich zu protokollieren, um später anfallende Motorarbeiten deutlich zu verkürzen und zu vereinfachen. Auf Basis der eigenen De- montagen musste eine neue, detaillierte Dokumentation angefertigt werden. Hierfür galt es verschiedene elektrische und mechanische Messungen durchzuführen und alle Wicklungsdaten nachzuberechnen. Teil der Dokumentation war darüber hinaus eine genaue Überprüfung der Luftspaltüberwachungswicklung. Hierbei handelt es sich um eine Einrichtung zur Überwachung des Luftspaltes zwischen Stator und Rotor. Im Falle von auftretenden Luftspalt-Exzentrizitäten, die z. B. bei Änderungen der Ausrichtung Lagerschäden verursachen können, ist hierdurch eine rasche Alarmierung möglich. Auch diese Wicklung galt es neu anzufertigen und die dazugehörigen Wicklungsdaten zuvor rechnerisch auf Plausibilität zu überprüfen.
Erfolgreiche Teamarbeit
Der Kunde schickte in regelmäßigen Abständen einen Abnahme-Ingenieur aus dem Bereich Qualitätswesen zum BENNING-Werk, um die Fortschritte der Instandsetzungsarbeiten vor Ort überprüfen und dokumentieren zu lassen. So konnte er sich davon überzeugen, dass BENNING zu jederzeit voll im vorgegebenen Zeitplan lag. Doch nicht nur die Instandsetzung, auch der Einbau des Motors verlief reibungslos, sodass die vereinbarten Termin-Meilensteine bis zur Inbetriebnahme nich überschritten wurden. Im Gegenteil: War der Liefertermin ursprünglich für Mitte Juli 2016 vorgesehen, so konnte er sogar auf Anfang Juli vorgezogen werden.
Ein Beleg für die Zufriedenheit des Kunden ist vor allem der aus diesem Projekt entstandene Folgeauftrag. Mithilfe seiner präventiven Services kümmert sich BENNING darum, dass Stillstände jeglicher Art rechtzeitig erkannt und vermieden werden.
Ein wichtiger Beitrag, um die Kontinuität der Betriebsprozesse zukünftig sicherzustellen sowie die Ausfallzeiten und -risiken deutlich zu minimieren.
Weitere Informationen
Autor/Kontakt: Matthias Lörwink
Telefon: +49 2871 93 318
E-mail: m.loerwink@benning.de