Im Fokus:
Optimale Systemgröße, Investitionskosten und Total Cost of Ownership

Im Interview mit POWER news (PN) analysiert Ronald Metzig die wirtschaftlichen Aspekte.

Stromversorgungssysteme für IT-Anwendungen haben in der Regel eine Lebensdauer von 10 – 20 Jahren. Die Wahl der richtigen Systemgröße zum Zeitpunkt der Installation ist also von großer Relevanz. Erweist sich das installierte System irgendwann als zu klein, so ist eine Aufrüstung oder ein Austausch des Systems erforderlich. Eine Maßnahme, die mit sehr hohen Investitionskosten verbunden sein kann. Sollte das neu installierte System wiederum zu groß – also überdimensioniert – sein, hätte man Investitionskapital in ein System mit geringerer Energieeffizienz und höheren Betriebs- und Wartungskosten verschwendet. Beides hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership / TCO).

Im Interview mit POWER news (PN) analysiert Ronald Metzig die wirtschaftlichen Aspekte.

Ronald Metzig,
Leiter Niederlassung Ost,
BENNING

Herr Metzig betreute die Planung und Umsetzung des USV-Systems für das Datacenter Leipzig 2.

PN: Herr Metzig, wir hören manchmal die Aussage: „Unser USV-System ist skalierbar und kann mit den Anforderungen wachsen.“ Was versteckt sich dahinter?

Metzig: Sich dynamisch verändernde Anforderungen und der damit notwendige Wandel in der Anlagen- und Servertechnik machen es so gut wie unmöglich, die benötigte Leistung und die dazu optimale Systemgröße über einen Zeitraum von 10 bis 20 Jahren zuverlässig vorauszusagen. Aus diesem Grund werden fast alle Systeme zum Zeitpunkt der Installation überdimensioniert.
Was sich für den Systemhersteller als profitabel erweist, bedeutet hingegen für den Betreiber, dass mit großer Wahrscheinlichkeit sowohl überinvestiert wird als auch, dass während der Betriebsphase höhere Wartungs- und Servicekosten entstehen.

USV-Raum der Firma Datacenter Taucha
Das USV-System ist skalierbar und kann parallel zum Ausbau des Rechenzentrums wachsen

PN: Der einzige Weg, um die TCO zu minimieren, wäre demnach die Installation eines USV-Systems, das zu jeder Zeit die richtige Leistung aufweist?

Metzig: Ja, das wäre das wünschenswerte Ideal, aber fächern wir es einmal genauer auf. Bei einem Stromversorgungssystem haben hauptsächlich drei Faktoren Einfluss auf die TCO:

  • Erstinvestitionskosten
  • Leistungsverluste, eine Funktion der Systemeffizienz
  • Wartungs- und Instandhaltungskosten

Das Problem dabei ist, dass sich diese Faktoren gegenseitig beeinflussen. Sie müssen also gemeinsam betrachtet und ganzheitlich optimiert werden, um die TCO zu minimieren.

PN: Sie sprechen die Erstinvestitionskosten an. Wir wissen, dass der Markt hart umkämpft ist. Nun ist es aber doch die Hauptaufgabe der USV die kritische Last zu schützen. Verhalten sich hier Qualität und Preis nicht wie zwei Boxer im Ring?

Metzig: Eine schöne Metapher, aber ja, das ist leider der Fall. Wir raten daher immer dazu, bei einem Systemvergleich zu hinterfragen, ob das System mit den niedrigsten Erstinvestitionskosten ebenfalls qualitativ hochwertigste Bauteile einsetzt und genauso energieeffizient arbeitet.
Sollte dies nicht der Fall sein, könnten die im Nachhinein anfallenden Betriebskosten höher als nötig ausfallen. Ebenso wäre es wahrscheinlich, dass hohe Wartungs- und Instandsetzungskosten damit verbunden sind.

PN: Sie sprechen das Thema Energieeffizienz an und meinen damit vermutlich auch die o.g. Leistungsverluste. Können Sie uns das an einem Beispiel näher bringen?

Metzig: Nehmen wir der Einfachheit halber eine kritische Last von 1.000 kW an. Die Verringerung des Systemwirkungsgrades um 1 % bewirkt bereits eine Verlustleistung von 10 kW. Rechnet man dies auf ein ganzes Jahr hoch, ergibt sich bei einem Betrieb von 24 Stunden an 365 Tagen ein Verlust von 87.600 kWh. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren entspricht das 1.752.000 kWh. Sie sehen, die Energieeffizienz des Systems hat einen größeren Einfluss auf die TCO als die Erstinvestitionskosten.

PN: Betrachtet man diesen Verlust, ergibt es für einen Betreiber sicherlich Sinn, sich die Wirkungsgradkurven der verschiedenen USV-Systeme im Detail anzuschauen, oder?

Metzig: Schön, dass Sie von Kurven sprechen, denn leider wird häufig, entschuldigen Sie, dass ich das so sage, aus Marketinggründen der maximale Wirkungsgradpunkt nach vorne gestellt. Entscheidend ist aber tatsächlich der Wirkungsgradverlauf. Oder besser noch, die Beurteilung der verschiedenen Wirkungsgradverläufe, die sich aus den unterschiedlichen Betriebsarten, zwischen denen das USV-System wechseln kann, ergeben.
Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass das Stromversorgungssystem stets im optimalen Bereich seiner Wirkungsgradkurve arbeitet. Bei beinahe allen modernen „transformatorlosen“ USV-Systemen steigt die Wirkungsgradkurve bis ca. 30 % der Ausgangsleistung steil an und verläuft danach relativ flach. Im Normalbetrieb wird ein Wirkungsgrad von > 95 % bereits früh erreicht, der optimale Systemwirkungsgrad (> 96 %) aber liegt in einem Leistungsbereich von 40 % bis 60 %. Würde man ein System also von Anfang an überdimensionieren und es daher zu Beginn nur bei ca. 30 % seiner möglichen Leistung betreiben, ergäbe sich daraus schon der in unserer obigen Gleichung genannte Verlust von 1 %.

PN: Sie rechnen also hier mit dem sog. Normalbetrieb. In Ihrem Projekt mit der envia TEL beschreiben Sie den SEOO Modus der ENERTRONIC modular SE. Gibt es hier neben der automatischen Abschaltung nicht benötigter Module auch einen Unterschied im Wirkungsgradverlauf?

Metzig: Ja, hier greifen zwei Dinge ineinander. Der Systemwirkungsgrad im SEOO Mode liegt zum Beispiel bei einer Ausgangsleistung von 25 % bereits bei 95,8 %. Wenn es dem USV-System also gelingt durch automatische Zu- und Abschaltung von Modulen das Gesamtsystem kontinuierlich im optimalen Wirkungsgradfenster zu betreiben, lässt sich der Wirkungsgrad also verglichen mit einem zu Beginn überdimensionierten System um ca. 3 % steigern.

PN: Aber entfällt dieser Vorteil von 3 % nicht, wenn das Rechenzentrum später seine maximale Ausbauleistung erreicht?

Metzig: Das stimmt so nicht ganz, der Vorteil reduziert sich nur. Zum einen läuft solch ein Ausbauprozess i. d. R. über viele Jahre, zum anderen muss man berücksichtigen, dass die Lasten in einem Rechenzentrum über den Tages- und Wochenverlauf sehr dynamisch schwanken. Durch den Betriebsmodus SEOO sorgen wir dafür, dass je nach Leistungsanforderung nur die tatsächlich notwendige Anzahl an Modulen betrieben wird. So bleiben wir immer im idealen Wirkungsgradfenster, was einen generellen Wirkungsgradvorteil von ca. 2 % ausmacht.

PN: Also im Prinzip einfache Mathematik, so scheint es uns. Aber lassen Sie uns nun noch kurz über die anfangs von Ihnen genannten Wartungs- und Instandhaltungskosten sprechen. Worauf sollte ein Betreiber hier besonders achten?

Metzig: Alle USV-Anlagen bestehen aus elektrischen und mechanischen Komponenten, die einer begrenzten Nutzungsdauer unterliegen. Damit das Stromversorgungssystem die erforderliche Verfügbarkeit über eine Betriebsdauer von 10 – 20 Jahren sicherstellen kann, bedarf es einer regelmäßigen Wartung und ggf. eines Austausches von Bauteilen.

Wenn, wie oben bereits angedeutet, ein zum Zeitpunkt der Erstinvestition preisgünstiges System unter Umständen mit Komponenten niedrigerer Qualität ausgestattet ist, so werden während der geplanten Lebensdauer wahrscheinlich auch die anfallenden Wartungskosten höher sein, da die Komponenten häufiger gepflegt bzw. ersetzt werden müssen.
Daher ist es sinnvoll, mit dem USV-Lieferanten bereits vor dem Kauf über verschiedene Wartungsmöglichkeiten und die voraussichtlichen Wartungskosten zu sprechen. Außerdem sollte der Betreiber sich genau informieren, wie es mit der Nähe zum nächsten Servicestandort des Herstellers ausschaut. Gleiches gilt für die Bevorratung von Ersatzteilen, wie uns gerade die aktuelle Situation lehrt.

PN: Herr Metzig, vielen Dank für Ihre eingängigen Erklärungen. Wir nehmen aus dem Gespräch mit, dass ein System, welches von seiner Größe her vom ersten Tag an perfekt auf die kritische Last ausgelegt ist und seine Leistung entsprechend der kritischen Last erhöhen oder verringern kann, die niedrigste TCO garantiert.
Die Erstinvestitionskosten eines Systems sind in Bezug auf die TCO nicht der einzige entscheidende Faktor. Stattdessen beeinflussen die Energieeffizienz und die laufenden Instandhaltungskosten sehr stark die Gesamtbetriebskosten des Systems. Unser Fazit: Alle drei Faktoren müssen also gleichermaßen berücksichtigt werden.

Weitere Informationen

Kontakt: Ronald Metzig
Tel.: +49 2871 93 273
E-Mail:

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