Sind smarte USV-Speicherkombinationen der wirtschaftliche Schlüssel zur Energiewende? Teil 2: Interview zu einer Industrieapplikation

Ronald Metzig

„Aktives Spitzenlastmanagement in Verbindung mit USV-Funktionalität bietet technische und wirtschaftliche Sicherheit.“

Ronald Metzig,
Leiter Niederlassung Ost,
BENNING

Herr Metzig betreute die Planung und Umsetzung eines USV-fähigen Li-Ion-Batteriespeichersystems (320 kVA / 300 kWh) bei einem Industriekunden, genauer gesagt bei einem globalen Automobilzulieferer mit mehreren Standorten in Deutschland.

PN: Herr Metzig, bevor wir konkret in Ihr Projekt einsteigen, können Sie kurz etwas zur generellen Marktsituation hinsichtlich USV-fähiger Speichersysteme sagen?

Metzig: Aufgrund der Herausforderungen, die sich durch die Energiewende für die Unternehmen ergeben, ist das Interesse an USV-Speichersystemen aktuell sehr groß. Unsere Kunden wissen um die Vorteile eines hybriden Systems, das die Sicherheit für empfindliche Verbraucher erhöht und parallel die selbst erzeugte, regenerative Energie zwischenspeichert und flexibel zur Verfügung stellt.
Überlegungen hinsichtlich der Reduktion von Energiekosten, z. B. durch geringere Spitzenlasten, spielen ebenso eine Rolle wie die Schnellladung von Elektrofahrzeugen.

Wir stellen zurzeit fest, dass die Krise von vielen Unternehmen genutzt wird, um sich für die Zukunft gut aufzustellen. Dazu gehört meistens eine umweltfreundliche Energieversorgung z. B. auf Basis eines USV-fähigen Speichersystems.

PN: Sie sprechen die Überlegungen an – welche Motivation stand konkret bei diesem Automobilzulieferer im Vordergrund?

Schaubild der Industrieanwendungen
ENERTRONIC modular Storage übernimmt Last­management­funktionen wie Peak Shaving

Metzig: Nun, schon die Projektbezeichnung „Energiespeicher für Spitzenlastmanagement (Peak Shaving) zur Einhaltung der 7000 h-Regel“ gibt darüber Aufschluss. Per Definition muss die Benutzungsstundenzahl, also der Quotient aus dem Jahresenergieverbrauch (> 10 GWh) und der höchsten Lastspitze, die im Integral von 15 Minuten auftritt, größer als 7000 Stunden sein. Die Erfüllung dieser Regel ist die Voraussetzung für die Erlangung eines individuellen Netzentgeltes gemäß Strom NEV (§19 Abs. 2), bzw. die erhebliche Netzentgeltreduzierung für die energieintensive Industrie auf max. 20 % des üblichen Satzes. Prozessbedingt können Lastspitzen während der Produktion auftreten, die zu einem Quotienten < 7000 h führen. Damit würde die Rückerstattung des Netzentgelts für das gesamte Jahr entfallen. Das USV-Speichersystem hat also u.a. die Aufgabe, diese Spitzenlasten zu kappen, das sogenannte Peak Shaving.

PN: Aber Lastmanagement ist doch eigentlich nichts Neues, schließlich ist es für die Großverbraucher von essentieller, wirtschaftlicher Bedeutung?

Schaubild des load leveling
ENERTRONIC modular Storage übernimmt Last­management­funktionen wie Load Leveling

Metzig: Das ist grundsätzlich richtig. Allerdings wird in der Regel versucht, auftretende Lastspitzen durch zeitweise Ab- oder verzögerte Zuschaltung von Verbrauchern auszugleichen. Diese Art des Lastmanagements hat daher massive Auswirkungen auf die Fertigungsprozesse. Dies führte dann bei unserem Kunden zunehmend zu Schwierigkeiten. Als eine elegante Lösung erschien daher die Investition in ein Energiespeichersystem. Auf Grund der relativ hohen Investitionskosten für Speichersysteme werden zunehmend sogenannte „Multi-Use-Applikationen“ benötigt, um diese wirtschaftlich zu betreiben. Neben dem klassischen Peak Shaving zählen derzeit auch die Zwischenspeicherung von regenerativer Energie oder die Notstromfähigkeit dazu.

PN: Wie ist der Kunde auf die von BENNING entwickelte Lösung aufmerksam geworden?

ENERTRONIC modular Storage Systems mit 5 Modulen Frontansicht
Beispiel eines flexibel skalierbaren ENERTRONIC modular Storage Systems mit 5 Modulen

Metzig: Mit dem USV-fähigen Speichersystem ENERTRONIC modular Storage besitzt BENNING derzeit ein Alleinstellungsmerkmal, welches im Markt für Aufsehen sorgt. Außerdem bestanden zum Mutterkonzern bereits Geschäftsbeziehungen. BENNING ist hier als flexibel agierender Turnkey-Spezialist für komplexe, hochverfügbare Stromversorgungs­systeme geschätzt. Allerdings war das aktuelle Projekt das erste mit diesem Standort in Sachsen.

PN: Wie wurde an das Projekt herangegangen und was hat der Kunde genau bekommen?

Metzig: Erste konzeptionelle Ideen wurden Ende 2018 ausgetauscht, gefolgt von einem Budgetangebot im ersten Quartal 2019. Nach Analyse und Klärung der technischen Details erhielten wir Ende 2019 den Auftrag. Projektierung, Fertigung, Lieferung, Inbetriebnahme und Probebetrieb waren im Sommer 2020 abgeschlossen. Unsere Serviceabteilung hat ein 320 kVA ENERTRONIC modular Storage System vor Ort beim Kunden installiert, ausgestattet mit 8 Modulen à 40 kVA (erweiterbar auf 10 Module), einem Netzanschlussfeld ge­mäß VDE AR-N 4105, einem DC-Anschluss- und Kommunikationsfeld sowie 10 Batterieschränken, deren Energieinhalt sich hierbei auf 300 kWh summiert.
Das ENERTRONIC modular Storage System basiert auf einer im Industrie-USV-Markt bewährten Hardware. Es zeichnet sich durch lineares Peak Shaving über den gesamten Last­bereich aus und verfügt über die notwendige USV-Funktion zum Schutz der kritischen Verbraucher.

PN: Welche besonderen Herausforderungen und kundenseitigen Anforderungen beurteilen Sie im Nachhinein als für die Auftragsvergabe entscheidend?

Metzig: Das Energiespeichersystem sollte in die vorhandene Infrastruktur des Unternehmens eingebunden werden und das selbstverständlich bei möglichst geringen Nebenkosten. Zur Aufstellung und Einbindung der Anlage kam somit aus technischer Sicht nur die firmeneigene Trafostation in Frage. Wegen der vorhandenen Netzstruktur bot sich die Anbindung direkt an die Niederspannungsebene an, zumal die ENERTRONIC modular Storage grundsätzlich diese Funktionalität bietet.

Eine Aufstellung im Schaltanlagenraum kam für den Kunden nicht in Frage. Der vorgesehene separate Raum erforderte eine sehr kompakte Ausführung, da das System für den Fall notwendiger Leistungsanpassungen flexibel skalierbar ausgelegt werden musste. Wir konnten aufgrund der modularen Architektur und des erfreulich geringen Footprints des ENERTRONIC modular Storage Systems von Anfang an ideale technische und sehr wirtschaftliche Lösungen offerieren. Vermutlich spielten auch diverse Soft Skills, angefangen mit der aktiven Kundenbetreuung über die Konzeption und Schnittstellenplanung bis hin zur Turnkey-Abwicklung durch unsere Serviceabteilung, eine große Rolle.

PN: Die Inbetriebnahme ist nun schon einige Zeit her. Gibt es ein Feedback des Kunden zum laufenden Betrieb des Systems?

Metzig: Für den Konzern hat diese Anlage Pilot­charakter. Inzwischen liegen Anfragen für vergleichbare USV-fähige Speichersysteme für weitere Standorte vor. Ich denke dies beweist, dass aktives Spitzenlastmanagement insbesondere in Verbindung mit der USV-Funktion, wie BENNING es anbietet, als wirtschaftlich sehr interessant bewertet wird.
Unserem Kunden ist bewusst, dass er sich in naher Zukunft weiteren Anforderungen der Energiewende, z. B. hinsichtlich der Möglichkeit zur Einbindung von regenerativen Energien, der Elektromobilität und der Steigerung der Energieeffizienz parallel zur unterbrechungsfreien sicheren Stromversorgung seiner betriebskritischen Prozesse an allen Standorten, stellen muss. Zumindest in Sachsen hat er dafür mit dieser Investition schon beste Voraussetzungen geschaffen.

PN: Das freut uns natürlich. Lassen Sie uns abschließend einen Blick in die Zukunft riskieren. Was denken Sie, wie wird sich der Markt für derartige Systeme zukünftig entwickeln?

Metzig: Natürlich spielen hier viele Faktoren eine Rolle. Dennoch prognostizieren wir, dass sich für unsere USV-fähigen Speichersysteme, die die USV-Klassifizierung VFI-SS-111 erfüllen, ein ganz neues Marktsegment etablieren wird. Dieses hebt sich von den bekannten Applikationen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit deutlich ab.

Ferner gehen wir aufgrund großer Kosten-Nutzen-Vorteile davon aus, dass in sehr vielen Bereichen der Industrie der Markt für herkömmliche Energiespeicher mit dem Markt für USV-Systeme verschmelzen wird.

PN: Herr Metzig, vielen Dank für die interessanten Einblicke in dieses richtungsweisende Projekt.

„Aktives Spitzenlastmanagement in Verbindung mit USV-Funktionalität bietet technische und wirtschaftliche Sicherheit.“

Die Vorteile USV-fähiger Speichersysteme

  • Flexibilität
  • Wirtschaftlichkeit erreichbar durch:
    • Peak Shaving
    • Load Leveling
    • Energiebezugs­optimierung (7000 h-Regel)
    • Day-to-night Energietransfer
    • flexibel definierbare Energiereserve
    • Speicherung in Schwachlast­phasen
    • Zusatzleistung in Hochlastphasen
    • für Blei- und Lithium-Batterien geeignet
    • Eigenverbrauchsoptimierung
    • sicherer USV Betrieb (VFI-SS-111)
    • Blindleistungs­kompensation

Die Vorteile einer ENERTRONIC modular Storage

  • maximale Verfügbarkeit
  • minimierte Betriebskosten
  • variables Komponentenkonzept erreichbar durch:
    • Speicher- und USV-Funktion
    • dezentrale, parallele Architektur
    • Hot Plug System modular erweiterbar
    • flexible Batteriekonfiguration (Sammel­batterie, Gruppenbatterie, Einzelbatterie)
    • einsetzbar in Verbindung mit regenerativen Energiesystemen wie PV-, Wasser- oder Windenergiesystemen
    • Mögl. Anbindung vom Niederspannungsnetz (VDE AR-N4105)
    • hoher Wirkungsgrad
    • schnelle Amortisation

Weitere Informationen

Kontakt: Ronald Metzig
Tel.: +49 172 2859286
E-Mail:

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