
Rund um die Uhr muss eine gesicherte Leistung im Stromnetz bereitstehen.*1 Strom aus Wasserkraft leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Während Wind und Sonne als Energielieferanten starken Schwankungen unterworfen sind, ist Strom aus Wasserkraft immer verfügbar.
Damit lassen sich innerhalb von Sekunden die benötigten Strommengen in das Netz einspeisen und die Lücken aus der volatilen Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie flexibel ausgleichen.
Die Bereitstellung dieser Primärregelenergie wird mit dem Zubau von Wind- und Sonnenenergie jeden Tag bedeutsamer, um die Normalfrequenz von 50 Hz im Stromnetz sicherzustellen.
Das Unternehmen Uniper betreibt am Lech, einem Nebenfluss der Donau, 22 Laufwasserkraftwerke sowie das Speicherkraftwerk Roßhaupten am Forggensee. Mit einer Ausbauleistung von zusammengenommen rund 260 Megawatt werden etwa 1,1 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt.*2 Damit können theoretisch etwa 366.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Gleichzeitig werden im Vergleich zur Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen ca. 634.000 Tonnen CO2 eingespart.
Damit auch in Zukunft sichere und grüne Energie am Lech erzeugt wird, investiert Uniper kontinuierlich in die Wartung und Effizienzsteigerung der Anlagen. Im Rahmen dieser Arbeiten sollten drei Generatoren der zwischen 1947 und 1950 erbauten Wasserkraftwerke Epfach und Finsterau generalüberholt werden. Entsprechende Ausschreibungen wurden von Uniper Anfang Februar 2022 an verschiedene, auf derartige Herausforderungen spezialisierte Unternehmen versendet.
Lechstaustufe 10 - Epfach*3
Erbaut: 1947 – 1950
Erzeugte Leistung: 8,3 MW bei 8,5 m Fallhöhe
Energieerzeugung: 6 Straflo-Turbinen und Generatoren
Ausbaudurchfluss: 120 m³/s
Regelarbeitsvermögen: 40.726 MWh/Jahr
Bewährter und flexibler Partner
Der BENNING Bereich elektrische Maschinen (BeM) befasst sich seit den 1930-iger Jahren mit der Instandsetzung von Generatoren und Motoren. Dieser Unternehmensbereich verfügt daher über jahrzehntelange Erfahrung und Referenzen im Neubau, Nachbau und in der Instandsetzung von E-Maschinen für die unterschiedlichsten Branchen. Dazu zählen unter anderem stahl- und aluminiumverarbeitende Industrie, Bergbau, Öl-, Gas- und Petrochemie, Eisenbahnwesen und Energieerzeugung.
In der Vergangenheit hat BENNING bereits mehrere Wasserkraftgeneratoren im Auftrag von Uniper instand gesetzt. Insbesondere die hohe Flexibilität in der Umsetzungsphase, ohne Abstriche bei der Arbeitssicherheit und Qualität zu machen, überzeugten den Auftraggeber. Folglich wurde auch BENNING im Februar zur Angebotsabgabe aufgefordert.
Sowohl das planerische Know-how, als auch die Wirtschaftlichkeit des abgegebenen Angebotes überzeugten Uniper. Nach Besichtigung der Anlagen und der Erstellung eines Montagekonzeptes erfolgte die Auftragsvergabe zur Sanierung von drei Wasserkraftgeneratoren aus zwei verschiedenen Kraftwerken.
Um die Stillstandszeiten und die daraus resultierenden Stromerzeugungsverluste zu minimieren, sollten die drei Generatoren im Zeitraum von März bis August modernisiert werden. Denn in diesen Monaten fällt der Pegel des Lech und mit ihm reduziert sich auch die Energieerzeugung. Die Beauftragung sah vor, dass gegen Ende des Sommers die Wiederinbetriebnahme der Generatoren erfolge, damit die Kapazität der zwei Kraftwerke mit dem Ansteigen der Flusspegel im Herbst wieder voll ausgeschöpft werden könne.
Dementsprechend begann das BeM Projektteam mit der Remontage der neu gewickelten Generatorenständer und Rotorpole bereits am 11. Juli 2022, so dass die Generatoren planmäßig bereits im August ihren Betrieb wieder aufnehmen konnten.

Vorab wurden im Instandsetzungswerk in Bocholt, drei neue Ständerblechpakete aus modernen, verlustarmen Dynamoblechen hergestellt. Jedes Paket besteht aus ca. 8.000 im Laserschnittverfahren gefertigten Blechsegmenten.
Mit modernen Anlagen fertigte das BeM Team in kurzer Zeit 1.500 neue Hochspannungsspulen und legte diese in die Nuten der Generatorenständer ein, deren Innendurchmesser mehr als 3 m beträgt. Technisches Know-how, handwerkliches Geschick, sowie die Verwendung modernster Materialien und Isolierstoffe sorgen nun für eine Effizienzsteigerung, hohe Betriebssicherheit und lange Lebensdauer der Maschinen.
„Da sowohl für uns als auch für unseren Kunden Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit den höchsten Stellenwert haben, wurde vor dem Beginn der Demontage eine Rettungsübung im Wasserkraftwerk Finsterau durchgeführt. Dabei wurde die Rettung eines bewusstlosen Mitarbeiters simuliert, der mittels Bergungsgeräten aus dem Kraftwerkskeller sicher und schnellstmöglich zum Kraftwerkstor zu transportieren war.“
Matthias Loerwink,
BENNING, Bereich elektrische Maschinen
Herausforderungen bei De- und Remontage
Die Kraftwerke verfügen über jeweils sechs Straflo-Turbinen.*6/*7 Bei dieser Konstruktion bilden der Rotor des Generators und der Rotor der Turbine eine komplette Einheit.*8 Eine separate Welle ist nicht vorgesehen. Die Erregerwicklung befindet sich in dem umlaufenden Ring, den die Turbinenschaufeln tragen. Daher verfügt dieser Generatortyp über kein klassisches Polrad. Die Statorwicklung ist in das Gehäuse der Turbine eingebaut.
Resultierend aus dem Straflo-Konzept ergaben sich spezielle Anforderungen an die De- und späteren Remontageprozesse des Generators.
Da der Rotor konstruktionsbedingt im Kraftwerk verbleiben musste, demontierten die BENNING Techniker die Rotorpole vor Ort. Zuvor mussten die Generatorstatoren bereits im Kraftwerk in ihre beiden Schalen geteilt und die untere Hälfte unter dem Rotor ausgeschwenkt werden. Anschließend erfolgte der Transport der Statorschalen und der demontierten Rotorpole zur Aufarbeitung in das Werk nach Bocholt.
Während der Remontage installierte das BENNING Service Team zunächst wieder die aufgearbeiteten Rotorpole, um im Anschluss daran die tiefer gelegene Generatorschale unter dem Rotor einzuschwenken. Prinzipbedingt mussten die Statorhälften vor Ort zusammengesetzt werden, so dass die letzten Spulen der 6 kV Statorwicklungen erst während der Remontage eingebaut und elektrisch verbunden werden konnten. Dazu verfügt das BeM Team über spezielles mobiles Equipment, denn sowohl das Einbringen der letzten Spulen, als auch die spätere Aushärtung des Harzes, stellten beim Einsatz vor Ort eine besondere Herausforderung für die Techniker dar.
Die re-installierten Generatoren wiesen bei den Abnahme-Messungen optimale Werte auf und bestätigten den Erfolg der geleisteten Generatorinstandsetzung. Zu den ausgeführten Prüfungen zählten neben der Messung von elektrischen Parametern und Belastungskennlinien auch die Bestimmung der thermischen Grenzwerte sowie der Geräusch- und Schwingungswerte.
Damit steht bei den Laufwasserkraftwerken Epfach und Finsterau wieder die volle Einspeisekapazität zur Verfügung, so dass ihr nachhaltig erzeugter Strom auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leistet.
Weitere Informationen
Autor/Kontakt: Matthias Loerwink
Tel.: +49 2871 93 318
E-Mail: m.loerwink@benning.de
*1 Quelle: https://www.uniper.energy/sites/default/files/2022-04/broschure_kraftwerksgruppe_lech.pdf
*2 Quelle: https://www.uniper.energy/de/deutschland/kraftwerke-deutschland/kraftwerksgruppe-lech
*3 Quelle: https://dewiki.de/Lexikon/Lechstaustufe_10_–_Epfach
*4 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lechstaustufe_7_–_Finsterau
*5 Quelle: https://www.uniper.energy/sites/default/files/2022-04/broschure_kraftwerksgruppe_lech.pdf
*6 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lechstaustufe_10_–_Epfach
*7 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lechstaustufe_7_–_Finsterau
*8 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kaplan-Turbine#Straflo-Turbine
*9 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lech
*10 Quelle: https://www.wasserqualität-trinkwasserqualität.de/wasser-qualitaet/fluesse/lech